Donnerstag, 19. Juni 2008

Alltag im XXL-Land

Ich hatte ja immer mal versprochen über das Leben hier zu schreiben, statt immer nur unsere großen Abenteuer hier zu veröffentlichen. Nachdem jetzt auch die erste einer Freundinnen aufgehört hat hier zu lesen, weil sie die ganze heile Welt hier wahnsinnig gemacht hat, beschreib ich mal unseren Alltag von Montag bis Freitag.
Wir befinden uns hier mitten auf dem auf dem Dorf. Die nächste Stadt – wahlweise New Haven oder New London – ist eine halbe Stunde entfernt. Da bleibt unter der Woche nicht viel zu tun.

Boah – hast’es bald?

Unser Tag beginnt im allgemeinen damit, dass ich Matthias ein bisschen ankeife. Zum einen liegt das daran, dass ich morgens einfach nun mal total unkomunikativ bin, was er einfach nicht akzeptieren kann.

Zum anderen liegt es an Matthias Aufwachmethode. Sein Wecker klingelt zwischen 6.15 und 6.45. Statt ihn auszuschalten und aufzustehen stellt er ihn aber drei Minuten weiter und zwar nicht nur einmal. Mich macht das rasend, da ich dann alle drei Minuten aufwache, bis mein Wecker um 6.45 klingelt.

Zu Fuß? Wie schreibt man das?

Um 7.30 fangen wir beide an zu arbeiten. Der (Fuß-)Weg zur Arbeit ist kurz und führt vorbei an Vögeln und Eichhörnchen. Bis auf unseren auch deutschen Mitbewohner Stefan kommen alle anderen mit dem Auto zur Arbeit. Auch unsere Nachbarin.




Yachthaven in Old Saybrook


“Verrückt” sagt ihr jetzt bestimmt “so viel weiter kann das ja wohl nicht sein – da kann die ja auch laufen!” Und im Grunde habt ihr Recht. Jetzt ist es aber so, dass wir hier im Industriegebiet sind und da gibt es nun mal keine Bürgersteige und die Autofahrer fahren nicht gerade vorsichtig und vorausschauend. Leider kann Kerry auch nicht über den gleichen Pfad laufen wie wir, da zwischen unseren Häusern erst mal etwa 200 Meter dichter Wald liegt.

Summer in the office is like snow in july

Während draußen langsam der Sommer anrückt herrscht im Büro frostige Klimaanlagenkälte. Amerikaner und Europäer haben nicht nur verschiedene Essgewohnheiten, sondern auch ganz und gar andere Empfindungen was Temperaturen angeht. Ich habe bereits während meiner Ankunft im März bemerkt, dass Amerikanern die Außentemperatur reichlich egal ist: “Es ist März, das bedeutet es ist Frühling, das bedeutet: Flip Flops.”

Es gibt hier von allem etwas mehr.

Denen wird einfach nicht so schnell kalt. In meinen Großraumbüro sitzen drei Amerikaner und mit mir drei Europäer. Während die Amis die Temperatur, als sehr angenehm empfinden, Shorts und besagtes Schuhwerk tragen, sitzen die Europäer in Pullover und ich sogar mit Schal da.

Sandwich und Co.

Um Punkt zwölf wird Mittag gemacht, und zwar so sehr PUNKT zwölf, dass die ersten schon fünf Minuten früher vor dem Computer zum ausstempeln stehen. Wir essen entweder in der Cafeteria mit den “Girls” aus meinen Gebäude oder bei schönem Wetter vor Matthias Bürofenster.

Der beste Burgerladen gleich um die Ecke.

Was die Mahlzeiten angeht sind wir mittlerweile sehr kreativ und abwechslungsreich. Von Resten vom Vortag über Salat, Dosensuppe oder eine ½ Melone essen wir eigentlich so alles zu Mittag was uns so einfällt. Unsere Kollegen sind da zurückhaltender. Bei den Amerikaner gibt es etwas Fertiges aus der Mikrowelle, bei den Europäern gute Hausmanskost oder Salate.

Einmal in der Woche bestellen die “Girls” Essen. Manchmal bestellen wir mit. Dann gibt es Pizza oder Bagels oder anderes sandwichmässiges Zeug. Hätte mich vor vier Monaten jemand nach der amerikanischen Küche gefragt, hätte ich Burger und Pommes gesagt.


Mittlerweile bin ich da schlauer und würde Sandwichs (also alles im Zusammenhang mit Brot: Burger, Wraps, Hot Dogs, Paninis) und Pizza sagen. Und ganz ehrlich: Das haben die hier auch voll drauf!

Alles XXL

Gegen vier ist Feierabend. Viele Möglichkeiten bieten sich für die restlichen sechs Stunden des Tages nicht. Anfang der Woche gehen wir meistens einkaufen. Super Stop und Shop heißt unser Globus und er ist noch schlechter sortiert als der Toom. Dafür hat man die große Auswahl – was bei uns eher zur Qual fürt.

Welche Kaffeemilch darf es denn sein? Halbfett, No-Fett oder mit Amarettogeschmack?


Ansonsten sind wir oft draußen. Meistens angeln und neuerdings Paintball spielen (Matthias hat auf dem Flohmarkt eine Gun gekauft – ein Teil mehr das ICH wieder mit nach Hause schleppen muss, weil ER das Gepäcklimit schon bei der Hinreise ausgereizt hat).

Es gibt genau drei Gründe, warum ich Amerika vermissen werde: Zum einen sind das Muffins – die sind ja so geil! Dann kommt die Natur – wie Holland, nur alles in XXL (XXL-Wiesen, XXL-Wälder, XXL-Seen…) und dann weil man hier Paintball einfach so im Wald spielen darf – nicht in jedem Wald – nur in welchen man auch jagen darf, aber trotzdem cool.




Fuer jedes Teil eine Tuete - bei uns hiesse das Verschwendung, hier heisst das Service.

Außerdem mag ich die Amerikaner mittlerweile dann doch ganz gerne. Ihre Art ist positiver und sie sind bisschen naiver, als die Euroäer. Außerdem nehmen sie nicht alles und jeden so bitterernst, wie die Deutschen. Das hat mich in den ersten Wochen zwar in den Wahnsinn getrieben, aber eigentlich haben sie sehr recht damit.

Dienstag, 10. Juni 2008

Mit Besuch in die City

Die Woche mit Eva und Martin war geprägt von Shopping Exzessen, viel Essen und Sonne. Ich bin jetzt um Uhr, Jeans und original Florida Nummernschild reicher, Matthias besitzt endlich ein paar neue T-Shirts und wir sind trotzdem noch nicht ganz mittellos.
Die letzten drei Tage verbrachten wir in der City (das sagt man hier so.) Aber nicht ohne uns am Abend zuvor am Buffet des Casinos die Bäuche bis zur Übelkeit voll geschlagen zu haben.


Die Fahrt nach New York war trotz Umsteigens sehr angenehm. Nachdem wir unser Gepäck im Hostel abgegeben hatten fuhren wir runter zum Battery Park um die berühmteste aller Stahlfrauen zu sehen. Danach ging es zum Ground Zero und zu Century 21 (dem wohl billigsten, überfülltesten Laden mit reduzierter Designermode). Den späten Nachmittag verbrachten wir auf der Fähre nach Long Island. Der Rückweg bot eine erleuchtete Skyline vor dunkelblauem Himmel.




Die Schaffnerin auf dem Weg nach NYC.

Matthias nörgelte schon seit mehreren Stunden, dass wir doch jetzt bestimmt alles gesehen haben und er dringend ins Bett müsse. Das änderte sich jedoch schlagartig, als wir hinter dem Port Authority beim Burgeressen von einer kleinen, etwas blutig endenden Konversation zwischen zwei zwielichtigen Gestalten unterhalten wurden. Nach einem Spaziergang über Times Square und Theater District bei Nacht war er dann endgültig wieder wieder wach.

Da wir alle zwar nicht müde, aber sehr erschöpft waren fuhren wir zurück ins Hostel um einzuchecken. Big D – so der sehr treffende Name unseres Rezeptionisten – übergab mir dann die Karte zum Zimmer und erklärte es sei gleich im ersten Stock das erste Zimmer. Was von mir zunächst als sehr gute Nachricht gewertet wurde, da uns allen Füße und Beine schmerzten und wir ja Martins und Evas Gepäck hochbringen mussten. Als wir jedoch das Zimmer betraten war diese Freude dann sehr getrübt.


Die Skyline von der Faehre aus.

Wie in Hostels üblich war das Zimmer kaum größer, als die beiden Hochbetten Platz einnahmen und auch das Fenster eher klein. Die Knöpfe am der Klimaanlage fehlten und das Fenster war geschlossen. Die Luft hätte man sicher mit einem Messer schneiden können. Was sich die Nacht über auch nicht änder sollte, da Matthias, Martin und Eva so etwas wie eine Mückenphobie entwickelt haben.

Die Nacht war dementsprechend äußerst warm, stickig und wenig erholsam. Darum war auch das erste Highlight New Yorks, das wir nach dem Frühstück besuchten, der Central Park. Auf dem Great Hill betätigten wir uns dann ein bisschen gechillt sportlich, um Müdigkeit aus den Knochen und Sauerstoff in die Lungen zu bekommen.

Das sind mal schoene Schenkel.

Der Tag sollte eine Weltreise werden. Vom Empire State Building führte der Weg zum Mittagessen nach Chinatown in das gleiche Restaurant, das ich auch mit Papa und Micha zwei mal besucht hatte. Nach einem Blick in chinesische Gebets- und Nachtischtempel liefen wir durch Little Italy nach SoHo – das sehr an die Kulissen der West Side Story erinnert. Wobei “erinnert” das falsche Wort ist, da es ja quasi die Kulissen sind…

Am Times Square

Der Tag klang international mit amerikanischen Burgern und holländischen Bier in russischer, australischer und mexikanischer Gesellschaft aus. Da wir zu dritt sechs Sixpacks getrunken haben, was 100% mehr Bier ist, als Matthias und ich die letzten zwei Monate zu uns genommen hatten, leideten wir beide am nächsten Tag unter einem schlimmen Kater.

Um 10 Uhr verabschiedeten wir uns dann von Eva und Martin. Der Plan war nun noch ein bisschen durch Central Park und Museum Mile zu bummeln und vielleicht noch etwas zu essen.

Wir kamen etwa 500 Meter weit. Es herrschte drückende Hitze, die gemeinsam mit dem Smog sogar aus dem Central Park allen Sauerstoff verdrängte. Uns taten Kopf, Beine, Lungen und überhaupt alles weh. Dieser Umstand führte unseren Weg dann doch direkt zur Grand Central Station wo glücklicherweise unser Zug schon stand und nur auf uns wartete.

Es war eine wundervolle Woche und wir möchten uns auf jeden Fall noch mal bei Martin und Eva bedanken, dass ihr hier wart – es hat uns beiden sehr gut getan.