Samstag, 2. Februar 2008

Schlangen und Schleifen

Es heißt, Amerikaner seien gut im Schlage stehen. Es scheint, als wäre das auch die erste Prüfung um in die USA gelassen zu werden.

Damit wir überhaupt in die USA gelassen werden, möchten die uns gerne erst mal persönlich kennen lernen. Darum müssen wir nach Frankfurt aufs Generalkonsulat. Zum Kennen lernen und Fingerabdrücke nehmen.

Eine Woche zuvor: Matthias ruft unter der Festnetznummer des Generalkonsulats an, um nach den Öffnungszeiten der 1,50 Euro-pro-Minute-teuren Termin-Hotline zu fragen.

Matthias: „Ich wollte fragen, wann ich die Hotline erreichen kann.“

Man on the other side: „Du müssen anrufen die Hotline!“

Matthias: „und ab wann ist diese erreichbar?“

M.o.t.o.s: „Du müssen anrufen die Hotline!“

So weit alles klar. Also rufen wir um 10.00 Uhr bei der Hotline an – kann ja nicht verkehrt sein.

Zuvor wurden wir ausdrücklich vor der langen Warteschleife gewarnt. Doch wir haben Glück: Nach 60 Sekunden haben wir bereits jemanden am Telefon. Er fragt uns nach Zweck der Reise, Visa-Art und macht den Termin mit uns: 9.15 Uhr, Karnevalsfreitag – toller Termin, so direkt nach Weiberfastnacht…

Um die stressige Morgen-Rush-Hour zu umgehen fahren wir bereits am Weiberfastanachtsnachmittag (schönes Wort) zu Inga und Jonas nach Frankfurt. Die zeigen uns erst mal ihre USA Bilder und warnen uns schon mal vor, dass man im Konsulat etwas länger Schlange steht.

Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg ins Generalkonsulat. Bereits als wir in Frankfurt auf die Gießener Straße einbiegen, ist es zu erkennen: Mehrere große, architektonisch unscheinbare Bauten umringt von großen Stahlzäunen, die verwunderlicherweise stacheldrahtlos sind. Davor haben sich zwei Menschenschlangen gebildet. Die rechte doppelt so lang, wie die Linke. Wir müssen in die kürzere Schlange

Nach etwa 20 Minuten und einem erheblichen Temperaturabfall in meinen Füßen sind wir endlich am Ende der Schlange angelangt. Wir treten vor ein Fenster.

Man hinter dem Fenster: „Welche Zeit?“

Häh, will der wissen, wie viel Uhr wir haben? Matthias reagiert schneller:

„9.15 Uhr“, und schiebt seinen Reisepass durch die Schublade. Der Mann prüft, ob wir auf der Liste stehen und druckt uns jeweils zwei Zettel aus. Dann müssen wir uns in die längere Schlange stellen.

Auf unseren Zetteln steht jeweils die gleiche Nummer: U385 bei mir, U384 bei Matthias. In der Schlange stehend lese ich den Kulturspiegel, in dem – so ist der Zufall nun mal – ein Bericht über eine New Yorker Fotografin drin ist.

Nach nun mehr 30 Minuten in der zweiten Schlange überlege ich, dass es besser gewesen wäre, als Pinguin auf die Welt gekommen zu sein, denn die haben zwar immer kalte Füße, spüren das aber nicht…

Doch auch diese Schlange ist irgendwann zu Ende und wir treten in das erste Gebäude zum Sicherheitscheck – quasi wie im Flughafen. Als ich durchgehe piept das Gerät natürlich – ich glaube ich habe es noch nie geschafft ohne Piepen durchzukommen. Obwohl ich erwartet hatte, dass ich jetzt in einen Nebenraum geführt würde und erst mal blank ziehen müsste, werde ich nur angewiesen meine Jeans hoch zu ziehen. Dann darf ich weiter gehen.

Wir treten durch eine Tür wieder ins Freie – jetzt aber hinter dem Zaun – und gehen in das Gebäude in das gerade alle hineingehen.

Dort betreten wir eine bahnhofsänliche Halle. An drei Seiten sind insgesamt fast 30 Fenster. Dahinter sitzen die Sachbearbeiterinnen. In der Mitte stehen etwa 300 Stühle. Wir setzen uns. Im Raum hängen drei digitale Tafeln auf denen jeweils die Nummern und der zuständige Schalter erscheinen. Wir warten noch mal insgesamt 30 Minuten. Als erstes kommt Matthias dran. Nach weiteren zwei Minuten ich.

Meine Sachbearbeiterin, eine etwa 50-jährige Amerikanerin mit tiefen Falten, schaut mürrisch drein, als ich ihr meine Nummer und den Reisepass gebe. Von reden hält sie nicht viel. Sie keift lieber „ja und die anderen Papiere?“

Ich lege meine sehr ordentlichen und gut sortierten Papiere in die Schublade. Sie knüddelt erst mal alles, als sie die Sachen raus zieht. „Und das Training Sheet?“ – öhm… „Mir wurde gesagt das bräuchte ich nicht, da ich ein Work and Travel Visum beantrage“ erkläre ich kleinlaut. Die Frau fragt noch zwei mal und ich versuche noch zwei mal zu erklären, dass mir sowohl unsere Agentur – „wir entscheiden, was Sie brauchen, nicht irgendwelche Agenturen“, als auch der Mann von der Konsulatshotline – „ der macht nur den Termin mit Ihnen, der hat sonst nichts zu sagen“, nichts von diesem Sheet gesagt hat. Langsam bekomme ich Angst, dass dies der normale Umgangston in den USA ist.

Sie wimmelt mich ab und sagt ich solle jetzt wieder warten. Matthias muss ein Formular neu ausdrucken, dafür stehen PC an der Schalterlosen Wand. Seine Frau war sehr nett, was mir Hoffnung macht. Nach etwa fünf Minuten wird meine Nummer erneut aufgerufen – zum Glück zu einem anderen Schalter. Die neue Frau ist sehr freundlich und fragt was ich in den USA vor habe, was ich hier mache, und was ich nach meinem Diplom machen möchte. „Sie bekommen ihr Visum dann in etwa einer Woche zu geschickt“ von einem Training Sheet weiß auch sie nicht.

Nach über drei Stunden, einer Hotline-Warteschleife, zwei Menschenschlangen und einem Wartezimmer sind wir dann endlich fertig. Die restliche Wartezeit werden wir auf dem Sofa verbringen.

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